Das Schreiben von Weinrezensionen ist eine Herausforderung. Welche Adjektive und Formulierungen sind geeignet, komplexe Düfte und Geschmack lediglich durch Text zu übertragen? Ich möchte einen anderen Weg gehen und über Quellen und Zitate Dritter den Wein, seine Geschichte und Herstellung beleuchten, Links zur eigenen weiteren Recherche liefern und so zur Verbreitung von Weinwissen beitragen. Und: Beim Genuss eines Glases können wir dann die eine oder andere Geschichte über den Wein erzählen und dabei versonnen durch das Glas schauen. Ist das nicht wunderbar?
Auf dem Flaschenetikett ist eine offensichtlich etwas introvertierte junge Frau zu sehen. Schon der Name des Weins La Capricieuse – „Die Eigenwillige“ – scheint nichts Gutes zu verheißen. Wie kann man einen Wein nur so nennen? Wie soll ich so einen Wein verkaufen? Ein Name für einen Wein muss doch etwas mit Sonne, Schönheit, einem romatischen Schloß und guter Laune zu tun haben!
Entnervt trotte ich in die Bibliothek und nehme mir einen „PARKER“1 zu Hand. Dieser allgemein anerkannte Führer durch die internationalen Terroirs und Keller bietet breites und profundes Wissen über alle wesentlichen Trauben und Anbaugebiete, deren Qualität sowie Methoden der Vinifikation – insbesondere die Frankreichs. Robert M. Parker Jr. bemüht sich, wissenschaftliche Methoden bei der Beurteilung der Weinqualität anzuwenden. Das ist auch dringend nötig, denn: Glauben wir der täglichen Werbung, gibt es nur noch Spitzenwein auf der Welt. Nun schauen wir, welche Trauben für unsere “Launische” verwendet werden.
Schnell werde ich fündig: „Jahrhundertelang war diese Traube (Roussanne) die Essenz des weißen Hermitage im nördlichen Rhônetal …,“ schreibt Robert Parker schon in seiner Ausgabe von 1996. Und er fügt hinzu, dass „… ihre geringen Erträge und ihre Anfälligkeit für Krankheiten führten dazu, daß sie zu einem großen Teil von der Marsanne ersetzt wurde …“.2 Kommt daher der Name? Hat ein humorvoller Winzer sich einen Spaß erlaubt und die hohen Ansprüche an Pflege und Standort dieser Traube in den Namen übertragen? Und: Ist ein Wein mit geringen Erträgen eher gut oder schlecht? Also lese ich den Text noch einmal in Ruhe:
„Jahrhundertelang war diese Traube die Essenz des weißen Hermitage im nördlichen Rhônetal, doch ihre geringen Erträge und ihre Anfälligkeit für Krankheiten führten dazu, daß sie zu einem großen Teil von der Marsanne ersetzt wurde. Im südlichen Rhônetal erlebte sie eine Art Comeback. Von allen Weißwein-Rebsorten besitzt sie am meisten Charakter – Aromen von Honig, Kaffee, Blumen und Nüssen – und sie bringt einen Wein hervor, der sehr langlebig sein kann, was für einen Weißwein aus dem südlichen Rhônetal ungewöhnlich ist. Das berühmte Besitztum Beaucastel in Châteauneuf-du-Pape verwendet in seinem Weißwein 80 Prozent Roussanne. Nicht verwunderlich, daß er der langlebigste Weiße der Appellation ist. Seit 1986 produziert Beaucastel auch einen Roussanne von alten Rebstöcken, der profund ausfallen kann.”3
Ein Flasche Roussanne für 150 Euro?
Nachdem ich weitere Erkenntnisse gewonnen habe, suche ich im Internet nach anderem Wein aus reiner Roussanne-Traube. Dabei stoße ich auf einen Händler, der knapp 160 Euro für eine Flasche des folgenden Weins haben möchte. Ein Weinkenner schreibt dazu:
„Das ist der älteste Plot auf Beaucastel. Ein Großteil wurde 1908 gepflanzt, aber schon als der Urgroßvater Beaucastel übernahm, standen hier alte, veredelte Roussanne. Wir sind hier also wirklich bei einem durchschnittlichen Alter von 120 Jahren und mehr. Hier gibt es auch noch mehr sandige Böden für die Feinheit. Winzige Erträge unter 20 hl/ha. Das gleiche Rezept wie beim Chateauneuf blanc: Ganztraube angequetscht, für einige Stunden in der Presse belassen, langsam abgepresst und dann spontane Fermentation komplett im Barrique. Hier ist es 80% neues Holz. Die malolaktische Vergärung erfolgt danach, aber nur bei ungefähr 50% der Fässer. Das famose an diesem Wein ist, und deshalb ist es einer der ganz großen Weißweine der Welt, dass er trotz dieses riesen Anteiles an neuem Holz und 100% Roussanne, die ja normalerweise durch ihre Rosmarinartige, üppige, exotische Schwere auffällt, so unglaublich leicht und beschwingt ist.”5
Ja, diese Traube verfügt über außergewöhnliche Eigenschaften6, die einen hervorragenden Wein ausmacht. Wer nun wissen möchte, wie ein 100% Roussanne-Wein schmeckt und für den 160 Euro pro Flasche nicht erschwinglich erscheinen, bestellt einfach ein paar Flaschen „La Capricieuse“ aus unserem Weinladen. Die Winzer aus La Liviniere verstehen ihr Handwerk und unser Wein muss sich nicht verstecken. Hier ist der Link und wie immer: Wohl bekomm´s!
Quellenangaben:
1 ) Robert Parker M. Parker Jr. (*1947) ist Anwalt und Weinkritiker. Er hat sich mit seiner konservativen Weinkritik und seinem 100-Punkte-Qualitätssystem weltweit einen großen Einfluß in der Weinwelt erarbeitet. Seine Webseite https://www.robertparker.com/ veröffentlicht regelmäßig zwei Publikationen: „The Wine Advocate“ und „Wine Journal“. Die Seite gehört inzwischen zur französischen Michelin Gruppe. „Parker´s Wine-Guide“ mit einer Übersicht über die verschiedenen Wein-Nationen und -Regionen ist bis 2008 in der 7. Edition veröffentlicht worden und liest sich eher wie ein Fachbuch. Parker gilt als sachlicher und unbestechlicher Fachmann. Sein Fokus liegt auf Wein aus Frankreich und den USA, was ihm aus anderen Weinnationen oft Kritik einbrachte. https://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Parker_(wine_critic)